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Weiter geht es / It goes on

23.03.2015 Iran / Mashhad / N36°17’39.2“ E059°34’36.8“

Und täglich grüßt das Murmeltier… So kommen wir uns vor, als wir uns erneut zum Konsulat auf machen. Der Morgen ist jung, die Straßen sind leer. Vorbei geht es an vielen Baustellen, die hier alle mit einem Stahlskelett starten. Denn Iran ist permanent von Erdbeben bedroht und so soll die stabile Grundkonstruktion Halt geben, wenn es darauf an kommt. Verkleidet ist eine Vielzahl der Häuser mit Marmor oder anderen edlen Natursteinen. Immer wieder wird uns deutlich, wie reich an Schätzen Iran ist. Nur kommt es den Menschen nicht so vor. Es gibt Unmengen an Obstsorten, Marmor, Edelsteine, Gold, Öl und andere Vorkommen. Eigentlich alles, was einem Land gut tut, findet sich hier. Manchmal stellen wir uns schmunzelnd vor, wie es wäre, wenn in Deutschland so viel mit Naturstein und Marmor gebaut werden würde. Wir erreichen unser Ziel, das Konsulat, und der freundliche Wachmann steht wieder an seinem Platz und lächelt uns zu. Auch sonst ist Lebendigkeit spürbar. Und so dauert es nur wenige Augenblicke, bis wir unsere Pässe und 110 Dollar für die beiden Visa durch die kleine Luke schieben. Tatatata! Sten hält lachend die 5-Tage Visa in seinen Händen. Wir beschließen, heute in Ruhe alle Erledigungen zu machen und langsam Abschied zu nehmen, bevor wir morgen früh 7 Uhr zur Grenze aufbrechen. Bis zum 28.3. läuft unser Transit Visum für Turkmenistan.

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Das Abenteuer geht also weiter…

Haleh freut sich, dass wir beschließen heute noch zu bleiben und so verabreden wir gleich ein Iran-Abschlusskochevent mit ihren Eltern. Es ist ein ganz spezielles Gericht der Region Bojnourd, 400 Kilometer von Mashhad entfernt und heißt: „Ash Ghalyeh“. Dafür werden rote und weiße Bohnen mit Linsen in gebratenen Zwiebeln und Tomatenmark langsam gegart, anschließend in eine Auflaufform mit weich gekochten Weizennudeln geschichtet und am Ende mit einer Minze-Soße verziert. Wir sind uns einig, dass es ein würdiges Gericht für den letzten Tag in Iran ist. Inzwischen haben wir uns daran gewöhnt, dass es nach dem Essen einen Tee gibt, um noch gemütlich miteinander zu erzählen. Es geht dabei meist um recht grundsätzliche Themen und um Fragen, die jeder immer schon mal stellen wollte. Heute zum Beispiel reden wir über die Rente in beiden Ländern, warum Deutschland nicht Germania heißt, die Bräuche beim Heiraten, und, und, und. In Iran arbeiten Frauen bis 55 oder 30 Jahre lang. Männer bis 65 Jahre. Zur Hochzeit schenken in jedem Fall die Eltern des Mannes ein Haus oder eine Wohnung. Die Eltern der Frau zahlen die Einrichtung. All das ist schön und hat doch die Kehrseite, dass es getan wird, weil junge Leute in Iran sehr schlecht Arbeit finden können. Frauen so gut wie gar nicht. So sind sie oft auf die jahrelange Unterstützung angewiesen. Lässt sich ein Paar scheiden, kann die Frau die zur Hochzeit versprochenen Goldcoins einlösen und hat so ein Startgeld, um allein klar zu kommen.

Ich finde es total spannend, diese kleinen Details der Kulturen im Laufe der Zeit zu erfahren und teilweise selbst zu erleben. Das verändert das ganze Bild, macht es facettenreicher und bunter. Wenn ich jetzt an meinen ersten Tag in Iran zurück denke, wie fremd und unsicher ich mich gefühlt habe und dies in Beziehung setze zu dem Eindruck welchen ich heute nach zweiundvierzig Tagen habe, so hat beides nicht mehr viel miteinander zu tun. Es ist ein Land, dessen Größe und Stärke an Gastfreundschaft dieses abgenutzte Wort nicht wirklich beschreiben kann. Wir sind all die Tage von Herzlichkeit umgeben gewesen und haben gespürt, wie sehr sich die Menschen hier freuen, dass Besuch aus dem Ausland da ist. Iran ist wirklich ein Geheimtipp, wenn man bereit ist, sich darauf einzulassen. Wenn es geht, wollen wir in jedem Falle wieder in den Iran reisen. So viele Ecken haben wir noch nicht gesehen, so viele Menschen haben wir kennen gelernt, die wir gern wieder sehen möchten. Ich lasse sie alle noch einmal vor meinem geistigen Auge vorbei ziehen:

Firouzi und Solmaz aus Tabriz, die uns den ersten Abend leichter gemacht hat. Pouri, Atefe, Ali und Ava aus Teheran, mit denen wir einen fröhlichen Abend lang gekocht haben. Die Schriftsteller und Übersetzer Ramin und Zohreh, der Webdesigner Sajad in deren Nähe wir das Gefühl vom Gleichschwingen unserer Mentalitäten hatten. Annette und Daniel Bernbeck, die uns so hilfreiche Tipps für unsere Route durch das Land gaben. Wir wünschen beiden alles Gute für ihre Bewegung in der Zukunft! Monika, die seit 26 Jahren in Iran lebt und uns half das Land zu verstehen, mit ihrem lieber Mann Javad, dessen Augen immer vor Begeisterung funkeln. Der Neffe Javads mit seinem neu eröffneten Café und seinen singenden und wissbegierigen Freunden. Mostafa, der Vater Erfanes. Er lebt in Köln und hat seine Familie in Isfahan besucht. Gemeinsam durchstreiften wir die Stadt seiner Erinnerung. Ali, Afrouz, Amir, Saeedeh und Mohammad. Mit ihnen waren wir gemeinsam zur Hochzeit, haben zusammen gekocht, Stens Geburtstag gefeiert und so manches Gespräch mit Ali über seine Zukunft geführt. Afrouz wünsche ich, dass sie bald Arbeit findet und froh dabei wird. Der herzensgute Ali Reza mit seiner großen Familie in Meybod und den so hilfreichen beiden Englischlehrern. Mit Saman und Nazanin hatten wir Freude beim Wasserpfeife rauchen in Yazd und danken Ferdous dafür dass sie mit uns „Shooli“ kochte. Eine lange Rast gab es für uns in Rafsanjan bei King Hossein, Batoul, Mister Hashemi, Hojjad, Javad, Najme und ihrer kleinen Tochter Saina. Wir haben zusammen am Leo geschraubt und unendlich viel Spaß dabei miteinander gehabt. Das herzliche Lachen von King Hossein klingt in meinen Ohren freudig nach! Hossein, der Chef des Marmorsteinbruchs in Bejestan. Der sogar einen Block für uns ausbrechen lies, mit seiner Familie. In Mashhad nun trafen wir endlich auf Dr. Ali, dessen Hilfe und Unterstützung uns auf der ganzen Reise durch Iran begleitete. Er war wie unser guter Engel. Hier in Mashhad und am Kaspischen Meer verlebten wir mit ihm, seiner liebevollen Frau Mahnaz und seinen Söhnen Ehsan und Sasan eine unvergessliche Zeit der vielschichtigsten Erlebnisse und Erfahrungen. Haleh mit ihren Eltern am heutigen Tag waren der bunte Punkt hinter all unserer einzigartigen Begegnungen in den vergangenen zweiundvierzig Tagen. Vergangenen Sommer begann alles mit Hassan und Erfane in Jena. Als wir zusammen saßen und erste Gedanken über Iran austauschten. Beide begleiteten und unterstützten uns auf die unterschiedlichsten Arten in der gesamten Zeit. Wir schauen auf eine unvergessliche Zeit zurück und winken in den Iran mit dem Satz auf den Lippen: „See you later again!“

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Kommentare

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    Liebe Elke und Karsten,
    herzlichen Glückwunsch zum Visum! Lange genug hat es ja gedauert, Euch aber auch viele zusätzliche Eindrücke und Erlebnisse im Iran gebracht.
    Ich genieße Eure Schilderungen täglich. Wenn sich im Büro eine kurze Pause ergibt schaue ich regelmäßig auf Euren Blog. Jetzt wünsche ich Euch herzlich eine gute und sichere Reise nach und durch Turkmenistan. Fünf Tage sind kurz. Ich drücke die Daumen, dass der Leo durchhält.
    Hier versucht der Frühling heute sich wieder durchzusetzen. Mal sehen, ob Susi und ich draußen zu Mittag essen können. An Ostern wollen wir einen Städtetrip nach Hamburg machen und hoffen, dass das Wetter mitspielt.
    Liebe Grüße und gute Fahrt!
    Uli


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