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Spuren im Sand quer durch Australien

02.01.2015 Cooktown / Australien / S15°28’10.4“ E145°15’23.1“

Fast unbemerkt hat er sich zu uns geschlichen. Der zweite Tag des neuen Jahres. Dem Ersten haben wir, unbewusst, keinen besonderen Stellenwert eingeräumt. Wer sagt denn auch, wann etwas ein Ende findet und wann genau etwas Neues beginnt? Kann das nicht an jedem Tag sein? Zu jeder beliebigen Stunde? Und sind es nicht die eher unbeobachteten Momente, die sich zu Besonderem entpuppen? Ich weiß es noch genau. Vor einem Jahr lief ich, mit Herzklopfen, über den Strand Griechenlands, als betrete ich Neuland. In weißen Schuhen auf einem weißen Karton. Alles lag jungfräulich vor mir. Das neue Jahr, die große Reise, die Abenteuer, die auf uns warteten. Nichts von alledem konnten wir damals schon sehen. Wir hatten Respekt davor, und blieben in unseren blitzblanken Hauspuschen vor der Fläche stehen, als würden wir sie zerstören, beträten wir sie. „Die Angst vorm weißen Blatt“. Maler sollen sie kennen, Schriftsteller und Reisende offensichtlich auch. Die Reinheit wirkt unantastbar. Als stünde ein „Betreten verboten“ Schild davor.
Heute weiß ich, dass ich selbst es war, die mir das Schild vor die Nase hielt. Ich war es, die den Respekt vor dem Neubeginn hatte. Ich selbst wollte, dass das Blatt weiß bliebe. Damals am Strand in Griechenland. Mit meinen sorgsam gesetzten Schritten. Denen ich nicht zutraute, dass es die ab jetzt täglich geben sollte. Läufe, Spaziergänge, Wanderungen. Einfach so. Egal ob Montag, Mittwoch oder Sonntag.
Ganz anders in diesem Jahr. Ich brauchte diese mentale Mauer nicht und die übergroße Vorsicht auch nicht. Etwas ist ganz entschieden gewandelt. Wir fühlen uns mittendrin in unseren Leben. Führen weiter, was wir begannen und beginnen zur gleichen Zeit Neues. Die Selbstverständlichkeit ist dabei ein herrliches Gefühl für mich. Kein Stoppen vor irgendwelchen Flächen, die sich „neues Jahr“ nennen. Eher zieht es mich, in meinen australischen Arbeitsschuhen, mit sattem Profil voller Regenzeit-Schlamm, ordentlich auf dem Weiß herumzutreten, zu rutschen und dabei Schliere zu ziehen. Auf dass ich selbst den Respekt davor verliere. Heute die Schlammschicht des australischen Sandbodens, morgen vielleicht das Salzwasser des Ozeans. Was weiß ich. Das Blatt ist zum Leben da. Genau wie das Jahr. Ich ziehe nicht diesen einen Tag heraus, als gebühre ihm ganz Spezielles. Ich finde, das sollten wir jedem einzelnen Tag zustehen. Denn jeder Morgen ist neu. Und jeder Tag hat die Chance ein ganz Besonderer in unserem Leben zu werden. Auch wenn wir es in dem betreffenden Augenblick meist nicht wahrnehmen, dass genau jetzt eine Zeitenwende einsetzt, eine neue Qualität Einzug bei uns hält. So bin ich nicht extrem traurig, dass unsere Reise endet. So bin ich nicht überglücklich, dass ein neues Jahr beginnt. Das, was die Reise mit uns machte wird sich erst zeigen, wenn wir schon lange mitten im dem, heute noch neuen, Jahr stecken.
Wir setzen wild Abdrücke auf das weiße Papier. So wie einst die ersten Siedler Eisenbahnlinien quer durch Australien bauten. Sie hinterließen ihre Abdrücke in dem australischen Sand. Wie auch die Chinesen, die lange Handel und Garküchen im Norden Australiens betrieben. Geblieben sind ihre Gräber, mit Namen und Daten ihrer Leben. Nehmen wir Menschen uns einfach nicht ganz so wichtig. Wir kommen, sind da und gehen auch wieder. Setzen Spuren, wohin auch immer, feiern, wenn uns gerade so ist. Manchmal eben auch den Beginn eines neuen Jahres.
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