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Im Königreich / In the kingdom

28.10.2015 Stung Treng / Kambodscha / N13°34’40.6“ E106°00’19.3“

Sechs Uhr am Morgen. Die Luft ist noch einigermaßen frisch. Zumindest ist mein Kopf jetzt noch in der Lage irgendwelche Denkvorgänge zu absolvieren. Es ist seit Wochen „meine Zeit“. Ich liebe diese frühe Stunde des anbrechenden Tages. Die Hähne krähen und die ersten Kinderstimmen hallen umher. Hundegebell und Vogelgezwitscher dringen an mein Ohr. Später wird es immer stiller, fast lautlos. Lebendigkeit und Lethargie treten an jedem Tag erneut miteinander in den Ring. Die erste Runde geht an die Frische, später siegt nur noch die Lethargie. Von Stunde zu Stunde verlangsamt sich die Fähigkeit meines klaren Denkens und erreicht seinen Höhepunkt des Unvermögens zwischen zwölf und fünfzehn Uhr. Da nämlich wenn die feuchte warme Luft wie eine schwere Filzdecke auf mir liegt, gegen die ich mich nicht erwehren kann. Ich liebe den Sommer und ich liebe es warm. Doch wie es gelingen kann, in diesem Klima irgendeine Denkleistung zu vollführen, ist mir ein Rätsel.
Der Tag schleicht sich an. Barfuß ist er, so tonlos geht es von statten. Doch heute hat er wohl obendrein einen Unsichtbarkeitsmantel umgehängt. Der Tag scheint sich selbst zu verschlafen. Alle und alles muss den Rausch des Festes der vergangenen Nacht verkraften. Außer ein paar Mönchen ist niemand zu sehen. Der Mekong ist damit beschäftigt, die Bananenblatt-Blüten-Kerzen-Wunsch-Kronen durch die Gegend zu schippern. Das ist aber auch schon alles. Ein schläfriger Mann mixt uns ein paar Melonen-Shakes. Die Eier brät er halb im Traum. So sieht er aus, unser Abschied aus Laos. Unglaublich friedlich, still und ohne eine Fingerbewegung zu viel.
An der Grenze ist keiner da. Wenn wir nicht doch einen Stempel bräuchten, könnten wir unbemerkt hier hindurch rollen. Doch so sehen wir uns gezwungen, die einzige Frau hinter einem der vielen Schalter aus ihrem Tiefschlaf zu wecken. Ganz versonnen schaut sie auf, als unser Klopfen sie erreicht. Sie winkt uns weiter, doch wir bleiben stehen. Uns ist es egal. Wir drücken uns den Stempel gern auch selbst in den Pass. Nur einen haben müssen wir. Nach unschlüssigen Minuten, was nun zu tun sein könnte, erscheint ein Mann auf der kleinen Grenz-Bühne. Wir sollen erst rüber nach Kambodscha laufen, dort fragen, ob wir mit dem Leo einreisen dürfen und dann wieder zurückkommen. Erklärt er uns mit ein paar löchrigen englischen Brocken. Wir verstehen den Sinn dahinter nicht. Warum gibt er uns keinen Stempel, der bescheinigt, dass wir ausgereist sind, um dann am nächsten Häuschen unser Glück mit der Einreise zu versuchen? Na gut. Dann gehen wir mal los, um zu fragen… Zu komisch finde ich die Situation, durch die Grenze zu laufen, bis zum nächsten Land, um uns dort zu erkundigen, ob wir kommen dürfen. Hatten wir so auch noch nie. Jede Grenze ist echt ein Abenteuer für sich. Und immer wieder springen neue Kasper aus der bunten Überraschungsbox, die wir zuvor nicht kannten. Heute heißt der Kasper „Carnet de Passage“. Der Mann am Kambodscha-Grenzhäuschen macht die Handbewegung, die einen großen Zettel andeutet. Den bräuchten wir. Von dieser Handbewegung auf das „Carnet de Passage“ zu schließen ist nicht ganz so einfach, doch es gelingt uns nach mehrfachem um die Ecke Denkens. Trotz Hitze! Was strahlen unsere Gesichter, da wir ein Carnet besitzen. Anderenfalls müssten wir den Leo jetzt hier an der Grenze stehen lassen, in die fünfhundertfünfzig Kilometer entfernte Hauptstadt nach Phnom Phen fahren, uns dort die Papiere besorgen, dann wieder irgendwie zurück kommen, um den Leo zu holen. Es ist uns vollkommen neu, dass Kambodscha ein solches Carnet sehen will. Davon war nirgends etwas zu lesen, bei unseren langen Recherchen im Vorfeld der Reise. Vielleicht sind wir die ersten Deutschen, die mit nem Fahrzeug einreisen wollen? Nun, obwohl die Hängematte leicht schaukelnd neben dem Mann wartet, gibt er uns schnell die nötigen Stempel in unser Carnet. Mit denen geht es zurück nach Laos. Dort zahlen wir zwei Dollar pro Person. Wahrscheinlich für die Farbe im Kissen, oder die Hebelbewegung des Armes. Auf jeden Fall bestätigen uns nun die Stempel, dass wir erfolgreich ausgereist sind. Weiter geht es zu dem kleinen Mann unter dem Sonnenzelt, erneut auf der kambodschanischen Seite. Er bittet uns zu warten. Denn Leos Räder müssen desinfiziert werden. Damit keine laotische Spinne ihr Netz in Kambodscha baut. Ein Spaß. Alles sieht hier nach „Ferienlager“ aus, in dem heute einmal „Grenze“ gespielt wird. Okay, nach dem Desinfizieren füllen wir unsere Visaanträge aus, knipsen ein Passbild daran und laufen wie im „Stationen-Park“ zur nächsten kleinen blauen Holzhütte. Dort rumst es erst einmal gewaltig. Ein Auto fährt von außen dagegen. Hm, noch mal Glück gehabt. Die Hütte steht. Für 32 Dollar pro Person bekommen wir unser Visum in den Pass geklebt. Die nächste Station ist der „Einreiseschalter“. Hinter einem anderen Holzverschlag. Nun nur noch das Einreiseformular ausfüllen, eine Weile warten und schon hebt sich die Schranke für uns. Willkommen im Königreich Kambodscha! Was hältst du nun in den nächsten Wochen für uns bereit? Wieder stehen wir am Beckenrand. Wieder heißt es springen. Das königliche Unbekannte wartet.
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